Freitag, 7. Februar 2014

Muttersein

Die Stadt, Land, Mama's haben kürzlich auf ihrer Facebookseite gefragt: "Bist Du die Mama geworden, die Du immer werden wolltest?". Hm, da saß ich also vorm Laptop und dachte nach. Irgendwie nicht und irgendwie schon. Mich hat diese Frage tatsächlich länger beschäftigt. Wie wollte ich eigentlich sein, wenn ich mal Mutter werde? Ein Mischmasch aus meiner Mutter, meiner Oma und meiner Tante, die mich quasi mit großgezogen hat, und wie meine Cousine mit meinen Patenkindern. Dachte ich. Das war jedenfalls immer der Plan, die Vorstellung. Ich hatte da, wie man erkennen kann, ziemlich klare Ziele und Strukturen. Dann wurde ich tatsächlich schwanger und habe mir das alles auch so ausgemalt und vorgestellt. Die erste Zeit war wirklich toll. Laut Krankenhaus und Kinderarzt ein sogenanntes "Einsteigerbaby", absolut pflegeleicht. Alle 4 Stunden Milch trinken, Windel voll machen, schlafen, mit 3 Wochen im eigenen Zimmer (wir haben ihn offensichtlich genervt, denn bei uns schlief er sehr unruhig) fast komplett durchgeschlafen. 

Dann wurde er älter und schnell. Leonard war immer etwas auf der Überholspur. Ich möchte damit nicht angeben und sage auch nicht, dass er hochbegabt ist oder irgendwie so etwas in der Art, er war, und ist es immer noch, etwas schnell in manchen Dingen, wie viele andere Kinder allerdings auch, er ist da nicht aussergewöhnlich. Er ist zu schnell gewachsen, das tut er auch heute noch, und das hat mir das Leben am Anfang etwas schwer gemacht. Denn, wenn zu der "schnellen Art" noch ein riesengroßer Dickschädel kommt ( den einige von Euch ja sicherlich auch kennen), dann kann das echt an die Nerven gehen. Er wurde/wird immer älter geschätzt als er ist und somit wird mehr von ihm erwartet. Damit war mein Plan erstmal dahin. Ratschläge von allen Seiten von Tag 1 seiner Geburt haben mich absolut verunsichert. 
Schon bereits vor der Geburt gab es diverse "Kritiker" gegenüber meinen Entscheidungen. Ich wollte einen Kaiserschnitt (der sich im Nachhinein als sehr gut herausstellte) und nicht stillen. Bäm. Der Kampf war eröffnet. 

Mein Sohn war 2 Tage alt, wir waren noch im Krankenhaus, bekamen Besuch und die Tipps, Ratschläge und wie auch immer man es noch nennen will, gingen los. Und dann fangen die Gedanken an zu kreisen: Ist das alles richtig? Soll ich alles anders machen? Waren das richtige Entscheidungen? Muss ich jetzt wirklich "perfekt" sein? Haushalt und Baby, alles kein Problem, schafft man mit links. Ja, am Anfang war das kein Problem. Als er allerdings älter wurde und nicht mehr so oft schlafen wollte, beschäftigt werden und getröstet werden wollte wegen den gemeinen Zähnen, ging das nicht mal mehr eben so. Haushalt, Wäsche, einkaufen, Essen machen. Wer glaubt, dass das ein Kinderspiel ist, der liegt falsch. Alle um mich herum haben das aber "perfekt" hinbekommen. Jedenfalls nach aussen. Meine Zweifel wurden größer und ich saß heulend in der Ecke. Ich war nicht die, die ich sein wollte. Auch als Leonard bereits über 1 Jahr alt war und in die Krippe kam war ich nicht die Mutter, die ich eigentlich mal sein wollte. Und das ärgerte mich ganz massiv. Ich glaube nicht, dass ich damals eine schlechte Mutter war. Ich war nur anders. Das bin ich jetzt auch noch, ich entspreche in manchen Dingen nicht der "Norm", jedenfalls hier vor Ort oder was man so liest. Ich bin in einigen Dingen streng, in manchen gar nicht. Vieles sehe ich sehr locker und ich werde auch manchmal laut. Ich diskutiere ungern, besonders nicht, wenn sich eine Diskussion mit einem Kleinkind im Kreis dreht. Ich versuche ihn an alles heranzuführen, wenn er allerdings vorher schon schreit, dass er etwas nicht will, dann lass ich es. Er wird in knapp 3 Wochen 4, er kann Entscheidungen treffen. Nicht alle, aber ein paar und die überlasse ich ihm gerne. 

Wenn ich eins gelernt habe in den letzten Jahren, dann ist das, dass es eigentlich gar keine "Norm" gibt. Denn jedes Kind ist anders und jede Mutter auch, also sollte jeder seinen eigenen Weg finden. Diese Erleuchtung kam mir erst als Leonard etwas über 2 Jahre alt war und wir so langsam richtig ein Team wurden und ich erneut schwanger war, als einige leise Stimmen mir flüsterten, ganz leise, damit es nicht jeder hört, wie toll sie es finden, dass ich nicht so bin wie der Rest, dass ich vieles einfach anders mache und mein Kind ein glückliches kleines Kerlchen ist, meistens gut drauf und wahnsinnig "pfiffig". 

Nach der zweiten schicksalshaften Schwangerschaft wurde eh alles anders, ich wurde anders, Leonard wurde anders. Tja, erst dann wurde ich so wie ich jetzt bin. Zweifel habe ich immer noch ab und an, wie jeder andere auch. Ratschläge und Tipps hole ich mir, wenn ich sie wirklich brauche, der Rest erfolgt weiterhin aus dem Bauch heraus. 
Ein Bekannter hat vor knapp einem Jahr zu mir gesagt: "Ob Du eine gute Mutter oder ein guter Vater warst, erfährst Du sowieso erst, wenn die Kinder groß sind und sie es Dir sagen. Alles was jetzt passiert ist ein Glücksspiel und keiner kennt die Regeln". Recht hat er. 
Manchmal bin ich tatsächlich wie meine Mutter, wie meine Tante, meine Oma und auch wie meine Cousine, selten, aber es kommt vor. Wenn mir das bewusst wird, freue ich mich tierisch. Ansonsten bin ich ich. Endlich. Ich bin nicht die Mutter, die ich sein wollte, aber ich denke und hoffe, dass Leonard irgendwann sagen wird " Ach, Mama, ich war ganz zufrieden mit Dir." Das würde mir schon reichen. 

2 Kommentare:

  1. Neulich sagte mein Sohn zu mir: "Mama, du bist die Beste der Welt!" - Ich, voller Selbstzweifel in dem Moment: "Najaaaaa ... wenn ich euch manchmal so anschreie findest du das doch nicht so gut, oder?" - Er nach einer kleinen Weile: "Ach, das ist nicht schlimm, wenigstens schreist du uns nicht direkt ins Ohr..."
    Sie lieben uns wie wir sind und das ist es was wir auch tun sollten. Der Rest findet sich!

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  2. Das man mal laut wird kennt wohl zu ziemlich jeder. Gerade wenn Herr & Frau Trotz an die Tür klopfen! Ich glaube, ich werde einen Post dazu schreiben, damit der Kommentar hier nicht explodierend lang wird ^^ aber so wie es jetzt ist, ist es perfekt

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